Achtung Riesen-Bärenklau I: Vorkommen
1. Juli 2018Der gigantische, giftige Doldenblütler breitet sich invasiv aus und verdrängt heimische Arten
Heracleum mantegazzianum, der oder die Riesen-Bärenklau, ist auch unter den Bezeichnungen Bärenkralle, Herkulesstaude oder Herkuleskraut bekannt. Die zwei- bis mehrjährige, unbeeinflusst einmalblühende (hapaxanthe) krautige Pflanze stammt aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae), ist also keine Staude. 1895 wurde der Riesen-Bärenklau erstmals beschrieben, eine andere riesenwüchsige Bärenklau-Sippe taucht aber beispielsweise bereits 1817 in einer viel zitierten Samenliste der Kew Gardens im viktorianischen London auf.
Ursprünglich aus dem Kauskasus stammend, ist der Riesen-Bärenklau phototoxisch, das heißt er bildet photosensibilisierende Substanzen (Giftpflanze des Jahres 2008!), und ist in Europa und Nordamerika ein invasiver Neophyt: Er breitet sich von selbst aus, wo er zuvor nicht heimisch war. Zu verwechseln ist er in Mitteleuropa mit den einheimischen Doldenblütlern Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium) und Engelwurz (Wald-Engelwurz, Angelica sylvestris und Arznei-Engelwurz, Angelica archangelica).
Als zweijährige Pflanze wird der Riesen-Bärenklau seinem Namen gerecht und kann in wenigen Wochen eine Wuchshöhe von bis zu drei Metern erreichen. Seine Standortansprüche sind gering, er liebt stickstoffhaltige Böden und benötigt zum Blühen viel Sonne. Der oft purpurfarben gefleckte, behaarte Stängel misst im Durchmesser zwei bis zehn Zentimeter, die fiederschnittigen Blätter werden ein bis drei Meter lang und sind tief geteilt.
Seine gigantischen, im Juni/Juli auftretenden weißen Blüten faszinieren besonders. Die zentrale Doppeldolde mit häufig 30 bis 50 Zentimeter Durchmesser ist an den Rändern überdies noch 30- bis 150-strahlig. Eine einzige Pflanze kann so bis zu 80.000 Einzelblüten enthalten und bis zu 15.000 Früchte – in Doppelachänen mit jeweils zwei Samen – ausbilden. Kommt sie nicht zur Blüte und Fruchtreife, lebt sie meist einige Jahre, nach dem Blühen und Fruchten stirbt sie ab.
Aufgrund seiner hohen Samenanzahl ist die Verbreitungsfähigkeit des Riesen-Bärenklaus zudem enorm. Einjährige Pflanzen erreichen Anfang Mai, wenn die einheimischen Pflanzen noch kein starkes Längenwachstum aufweisen, bereits einen Meter Höhe. Ihr Vorteil: Die großen Blätter verschatten die übrige konkurrierende Vegetation und behindern deren Entwicklung. Weiterhin speichert er an der Sprossbasis und den oberen Wurzelteilen Stärke, was im zweiten Jahr einen sehr frühen Austrieb oder nach Rückschnitt ebenso den sofortigen Nachtrieb ermöglicht.
Die Samen verbreiten sich vorwiegend mit dem Wind, über Tiere und landwirtschaftliche Fahrzeuge, sie sind sogar bis zu drei Tage schwimmfähig, was Ausbreitungsradius und Wiederansiedlung extrem vervielfacht.
Jahrzehntelang schätzte man den Riesen-Bärlauch als besonders effektvolle Blühpflanze, seine dekorativen Fruchtstände wurden oft und gern als Zierde verwendet. Heute jedoch wird er als unerwünschte neophytische Plagepflanze betrachtet, da sein Spektrum inzwischen weit außerhalb seines natürlichen Verbreitungsgebiets Kaukasus liegt. Auch auf trockeneren und wärmeren Standorten in ganz Mitteleuropa und Teilen Nordamerikas trifft man ihn an: in Gärten und Parks, an Straßenrändern, auf Brachen und Schutt-Halden (Ruderalstandorte), in der Saumvegetation von Hecken und Waldrändern, in Bach- und Flusstälern, selbst in Naturschutzgebieten.
Außerdem wird immer wieder – auch auf der Insel Rügen und in der Region! – vor dem Berühren des Riesen-Bärenklaus gewarnt, da er ernsthafte Gesundheitsschäden nach
sich ziehen kann. Die gesamte Pflanze und deren Wurzelsystem enthält Furocumarine (Xanthotoxin, Psoralen, Bergapten), welche nach Hautkontakt und anschließender Sonnenbestrahlung phototoxische Reaktionen hervorrufen. Bei empfindlichen Menschen genügt bereits ein einfacher Kontakt mit der Blätteroberfläche. Hervorgerufene Reaktionen können sein: Rötungen, Hautentzündungen, Reizungen mit blasenbildender, entzündlich-schmerzhafter Dermatitis bis zu Verbrennungen ersten bis zweiten Grades, wochenlang nässende Wunden, Pigmentveränderungen, Fieber, Schweißausbrüche, Kreislaufschocks, Atemnot, akute Bronchitis.