Sichtung eines kräftigen Schweinswals in der Ostsee | Foto: Deutsches Meeresmuseum Stralsund, Dr. Harald Benke

Der Ostsee-Schweinswal

Einziger Wal der inneren Ostsee muss unter besonderen Schutz gestellt werden

In den deutschen Ostseegewässern lebt nur eine einzige kleine Walart, der Gewöhnliche Schweinswal (Phocoena phocoena). In der älteren Literatur wird er auch „Kleiner Tümmler“, „Braunfisch“ oder „Meerschwein“ genannt. Dieser Zahnwal kommt weltweit in den Küstengewässern der nördlichen Erdhalbkugel vor, wo er Längen bis zu 1,85 Meter erreicht. Die Schweinswale der Ostsee werden durchschnittlich 1,40 Meter (Männchen) bzw. 1,52 Meter (Weibchen) lang und wiegen zwischen 50 und 60 Kilogramm bzw. maximal 90 Kilogramm.
Auffälligste Merkmale im Vergleich mit Delfinen sind ihr gedrungener Körper mit einer relativ wenig ausgezogenen, durch ein aufliegendes Fettpolster verkürzten „Schnauze“ (Rostrum) sowie der flachen, dreieckigen Rückenfinne. Ihre Oberseite ist schwarz und besitzt ein von der Rückenflosse ausgehendes graues Feld, der Bauch ist weiß. Rückenflosse, Brustflossen, Schwanzflosse (Fluke) sind ebenfalls schwarz gefärbt. Insgesamt kommen die Flipper relativ kurz daher und enden spitz, wobei die kräftige Fluke etwa 60 Zentimeter breit ist. Außerdem sind die Ostsee-Schweinswale dunkler als die der Nordsee und besitzen eine spezielle Speckschicht.
Da ihre Zähne mit ein paar zwanzig in jedem Kiefer nicht besonders zahlreich sowie sehr kurz und blatt- bis spatelförmig sind, ernähren sie sich fast ausschließlich von Fischen unter 25 Zentimeter wie Kabeljau, Plattfischen (Nordsee) und Grundeln (Ostsee), daneben auch Borstenwürmern, Schnecken, Krebstieren und Tintenfischen. Diese finden sie vor allem am Gewässergrund, wo Schweinswale den Boden aufwühlen. Die Tagesration pro Tier liegt bei circa 4,5 Kilogramm Fisch.
Meistens leben sie als Einzelgänger oder in Zweierverbänden, Jungtiere bleiben immer eine Zeit lang bei ihrer Mutter. Nur zur Paarungszeit oder Nahrungssuche treffen sich gelegentlich mehrere Schulen, sodass, allerdings nur kurzzeitig, Herden von über hundert Tieren entstehen. Größere Haie und Schwertwale stellen die natürlichen Feinde der Schweinswale.
Da der Schweinswal ruhige, flache Küstengewässer mit einer mäßigen Tiefe von etwa 20 Metern bevorzugt, ist sein größter Feind jedoch der Mensch. Gefährdet sind die Tiere durch den Lärm von Schiffsverkehr und Pfahlrammungen für Offshorewindparks ohne Schallminderung, Gifteinleitung in die Meere und vor allem durch Erstickungstod in den Stellnetzen der Fischer.
In den letzten 10 Jahren haben sich die Totfunde an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns verdreifacht. Schweinswale werden bis zu 20 Jahre alt, in der Ostsee jedoch durchschnittlich nur unter vier Jahre. Weibchen sind erst im Alter von fünf Jahren geschlechtsreif und gebären nur einmal im Jahr ein Kalb. Ihr Bestand ist also extrem rückläufig, besonders jener einer Lokalpopulation im östlichen und zentralen Teil der Ostsee mit nur noch 100 bis 600 geschätzten Tieren im Vergleich zum westlichen Teil mit 800 bis 2.000. Der Schweinswal steht in allen europäischen Staaten unter Naturschutz und ist im Washingtoner Artenschutzabkommen gelistet, was seine Situation allerdings nicht verbessert.
Aus diesem Grund führen Schweinswale e.V. und das Deutsche Meeresmuseum Stralsund seit über einem Jahrzehnt öffentliche Schweinswal-Sichtungs- und Bergungsprogramme durch, wobei jeder über die App „Ostseetiere Sichtungen“ Daten für die Erarbeitung von Schutzkonzepten beisteuern kann. Steffen Rothhardt, ein gebürtiger Stralsunder, hat die Kampagne „Round Baltic Sea 2019 – Segeln für den Schweinswalschutz“ initiiert, die dies mit gesammelten Spenden unterstützt. Um auf die Gefährdung der heimischen Walart aufmerksam zu machen, wurde auch eine 45 Cent-Sonderbriefmarke aufgelegt und alljährlich im Mai widmet sich der Internationale Tag des Ostsee-Schweinswals den bedrohten Meeressäugetieren. Ob auch noch folgende Generationen sie bei uns beobachten können, hängt davon ab, ob ihnen politisch ein höherer Schutzstatus zugebilligt wird.

Weitere Informationen:
www.walschutz.org, www.schweinswale.de,
www.help-porpoises.eu

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