Im Kaufrausch auf dem Rügenhof in Putgarten

Hier kann man sich auf ausgesuchte und regionale Produkte konzentrieren

Wer in entspannter Atmosphäre einkaufen möchte, pilgert an die Nordspitze der Insel Rügen. In Rügens nördlichster Gemeinde können Inselgäste in einen wahren Kaufrausch verfallen. Auf dem Rügenhof in Putgarten haben sich zahlreiche Händler und Produzenten angesiedelt. Und das Beste: Der Rügenhof ist für den Autoverkehr gesperrt, lediglich Einheimische und Lieferfahrzeuge dürfen ihren fahrbaren Untersatz über die Kopfsteinpflasterstraße rund um den Hof lenken. Der Rügenhof ist das kulturelle und touristische Zentrum des Ortes. Hier kann man das ganze Jahr über einkaufen, Kaffee trinken, Eis essen, Musik lauschen. Mitwochnachmittags packt Käpt‘n Otto, ein weitgereister und von Wittow stammender Seebär, sein Schifferklavier aus und spielt bekannte und weniger bekannte Seemannslieder. Auf dem Rügenhof trecken zwar nicht die Ostseewellen, doch dafür gibt es einen schilfumrandeten Teich in der Mitte, um den Birken und Weiden wachsen.

Im sogenannten Schafstall ist eine Kaffee-Rösterei zu finden. Hier servieren Weike Kühn und ihr Mann Steffen Kuchen, Torten und verschiedene Kaffeespezialitäten. Ab Herbst bieten sie Schaurösten an. Zweieinhalb Stunden möchte Steffen Kühn, gelernter Koch und auf der „MS Arkona“ – Traumschiff der DDR – die Meere bereist, Wissenswertes rund um den Anbau und die Verarbeitung des Kaffees erzählen. Erst im Mai dieses Jahres hat das Unternehmerpärchen Eröffnung gefeiert. Besonders beliebt: der „Kaffeegruß von Rügen“, ein gemahlener Filterkaffee nach eigener Rezeptur. Die Nachbarn servieren Eisspezialitäten. Bei Sonnenschein werden diese von den Gästen auf der Terrasse vor dem Backsteinbau vernascht. Vor dem Kreativ-Mode-Atelier eine Tür weiter wehen bunte Pullover mit Zipfelkapuze. Gisela Stascheit hat das seit 2004 existierende Geschäft im Jahr 2008 übernommen. Unter ihrer Leitung entstehen Hosen, Jacke, Röcke und Wende-Shirts aus bunten Baumwollstoffen. Ihre selbstgeschneiderten Kleidungsstücke für Damen und Kleinkinder sind ausschließlich auf dem Rügenhof erhältlich, erklärt die Unternehmerin. Im Angebot hat sie auch Ledertaschen, Schmuck, Strohhüte, Handpuppen sowie Räucherwerk und ätherische Öle. Das Backsteingebäude neben dem Schafstall ist die Kulturscheune. Hier werden die Feste der Gemeinde gefeiert. Außerdem bietet sie bis zu 120 Gästen Platz, die hier ihren Geburtstag, ihre Hochzeit oder andere Ereignisse begehen möchten.

Das zweigeschossige Gutshaus im südlichen Bereich wurde um 1900 erbaut. Seit dem Jahr 2001 befindet es sich im Besitz von Familie Heinemann. Christa Heinemann betreibt hier einen Laden mit selbsthergestellten Produkten wie Apfelsaft, Sanddornlikör und Aufstrichen. Ehemann Ernst Heinemann ist nicht selten am Herd zu finden, um fangfrischen Fisch oder Erzeugnisse aus seinem Garten zu verarbeiten. Mit Vergnügen zeigt er Gästen seinen Obst- und Kräutergarten, die Jüngsten lädt er zur Hühnereiersuche ein. Am 22. August veranstaltet er hier ein Sommerfest mit dem Binzer Baarkeeper Bernd Beyer. Bücherfreunde können in seinem Antiquariat im Gutshaus so manches Schätzchen heben. Erhältlich sind aber auch neue Bücher, Kalender und Postkarten von regionalen Autoren.

Mit ihren Meerjungfrauen, Möwen und Fischen zieht Bildhauerin Patrycja Kujawowicz die Blicke auf sich. Viel gereist, hat sich die gebürtige Polin für den Rügenhof als festes Domizil entschieden. Sie liebt die Natur und das Zusammensein mit Menschen. Im Sommer hat sie neben dem Gutshaus ihr Freiluftatelier, in der kühleren Jahreszeit ist sie auf Märkten unterwegs. Noch heute arbeitet sie eng mit ihrem „alten Meister“ in Polen zusammen. Seine Schnitzereien, filigrane Werke, hat sie ebenfalls ausgestellt. Patrycja Kujawowicz mag große Skulpturen. Das Holz, das sie für ihre Arbeiten verwendet, stammt von der Insel Rügen. „Holz arbeitet und steckt voller Überraschungen. Die Werke sind nicht für die Ewigkeit“, erzählt sie. Auf dem Rügenhof ist auch die einzige Korbmacherei weit und breit zu finden. Geschäftsführerin Maren Peters hat Körbe verschiedener Art sowie Holzartikel im Sortiment. Kleinere Reparaturen werden vor Ort ausgeführt.

In einem weiteren ehemaligen Stallgebäude bleibt der Blick an weißen Männchen hängen. In „Kreidemännchens Bernsteinzauber“ bietet Reinhard Jost Kreidemännchen mit Muscheln, Donnerkeilen, Bernsteinen, auf einem Segelboot, im Strandkorb, im Liegestuhl und im Seesack an. Für viele Gäste sind sie inzwischen das Maskottchen der Insel. Ihren Ursprung haben die fausthohen Figuren mit der Zipfelmütze und dem Glöckchen in Rügens Sagen. Ernst Moritz Arndt berichtet in seinen Schriften von kleinen, weißen Zwergen. Stets freundlich und immer guter Dinge, sind sie besonders den Kindern zugetan. In „Kreidemännchens Steinwerkstatt“ gegenüber werden Steine gesägt, getrommelt, poliert, geschliffen und graviert. Die Auswahl an Bernsteinschmuck ist hier besonders groß.

Wer maritime Urlaubsandenken sucht, wird in weiteren Läden fündig: Anker, Schiffe, Bilder. In einer Kerzenwerkstatt können sich Besucher kreativ betätigen. Wer nicht selbst Hand anlegen möchte, findet in meterhohen Regalen Kerzen in verschiedenen Formen und Farben. In den Vormittagsstunden werden die ehemaligen Ställe von einem würzigen Duft umweht. Dieser stammt von der „Fischräucherei Rügenhof“, die im nördlichen Teil ihren Sitz hat. Hier räuchert Robert Garnczarek fangfrische Meeresschätze, die an Ort und Stelle verkauft und verspeist werden können. Und während die Eltern noch genüsslich in ihr Fischbrötchen beißen, die Jüngsten aber nicht mehr zu halten sind, so können diese direkt zum Spielplatz nebenan stürmen. Wem es gefällt, der kann auch bleiben – oder wiederkommen. Denn auf dem Rügenhof sind auch Ferienwohnungen zu finden. Hier hat auch Andreas Heinemann, seit 2020 Geschäftsführer der Tourismusgesellschaft Kap Arkona, sein Büro. Er ist stolz auf seinen Arbeitsplatz. Für ihn ist der Rügenhof das zentrale Element in der Bewirtschaftung des Nordkaps. „Am Rügenhof kommt jeder vorbei. Er ist der Mittelpunkt des Tourismusgebietes“, sagt der ehemalige Gemeindevertreter und Reiseleiter. Da der Rügenhof nicht direkt mit dem Auto erreichbar ist, empfiehlt er anreisenden Gästen, das Auto auf dem Großparkplatz am Ortseingang von Putgarten stehen zu lassen und die 300 Meter zu Fuß zu gehen. Auch mit dem Fahrrad, der Kutsche und der Bahn ist der Hof gut erreichbar. Und wer schon einmal auf dem Rügenhof ist, der sollte natürlich auch das Kap Arkona mit dem Gellort besichtigen. Denn schließlich ist dieses reizvolle Fleckchen der nördlichste Punkt Ostdeutschlands. Höhentaugliche können den neuen Leuchtturm sowie den Peilturm besteigen und ihren Blick ganz entspannt über das Windland und die Ostsee schweifen lassen. Eine Wohltat für die Füße und die Augen.

Weitere Informationen:
www.kap-arkona.de

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