Ein Leben für Mönchgut

Margot Mandelkow ist hier die erste Ehrenbürgerin

Wer Ruth Bahls sagt, kommt irgendwann auch an ihr nicht vorbei: Margot Mandelkow. Die engagierte Rüganerin, Jahrgang 1934, hat ihr Leben nicht nur auf Mönchgut verbracht, sondern sich den dort Heimischen mit ihren Traditionen, Eigenheiten und Geschichten zunächst sanft genähert und dann mit ganzem Herzen verschrieben. Im kommenden Frühjahr wird jene Frau, der vor vier Jahren die erste Ehrenbürgerschaft auf Mönchgut verliehen wurde, 90 Jahre. Auf erfüllte Jahre blickt die Heimatforscherin und pensionierte Lehrerin zurück. Noch heute findet sie Postkarten oder Fotos von ehemaligen Schülern in ihrem Briefkasten, klingelt der eine oder andere auch mal an der Tür des schmucken weißen Mönchguter Hauses in der Dörpstrat. Hunderte
junge Menschen hat sie fast vier Jahrzehnte in Gager unterrichtet und darüber hinaus ins Leben begleitet. Als Lehrerin, später Direktorin, hat sie Samen gelegt und Spuren hinterlassen. Parallel dazu war sie selbst immer auf Spurensuche im Mönchguter geschicht­lichen Wurzelwerk.
Dabei begann ihr Weg auf Rügen zunächst mit viel Distanz seitens der Bevölkerung. In Pyritz, ihrer Geburtsstadt bei Stargard, rennt die 10-Jährige Margot 1945 um ihr Leben. Ihre Heimat steht in Flammen, als die Mutter sie und ihre Geschwister in einem Waggon unterbringen kann. Der Flüchtlingszug endet irgendwann in Samtens.
„Nein, willkommen waren wir hier nicht“, erinnert sich die 89-Jährige.
Doch das Leben entfaltet sich. Ihre erste Arbeitsstelle war in Garz auf Rügen. Damals begegnet sie Kantor Ernst Wiedemann, Lehrer, Publizist und Rügenforscher, der seinerzeit das Garzer Museum gegründet hat. „Er hat uns erklärt, was Heimat bedeutet, was für die Heimat da sein bedeutet“, erzählt Margot Mandelkow. „Manchmal war es nur ein Händedruck oder ein aufmunterndes Lächeln oder ein Hochziehen der Braue oder ein vielsagendes Schweigen, ein Nebensatz, dessen Wirkung sich auch später nicht verlor“. (Ursula Ullrich in Rugia Journal 2019)
„Kleine Gesten, die einem bedeuteten, wohin der Weg gehen könnte, welche Richtung man im Leben einschlägt. Ich würde sagen, andere Menschen haben mich geformt, weil sie mitunter einfach Sachen verlangten, an denen ich reifen konnte“, so Margot Mandelkow.
Eine Anekdote beschreibt auch die Begegnung mit Ruth Bahls, eben jener legendären Begründerin der Mönchguter Museen. Die klopft eines Tages an der Haustür und drängt Margot Mandelkow, den Vorsitz des „Fördervereins zum Schutz, zur Pflege und weiteren Entwicklung der Mönchguter Museen e. V.“ zu übernehmen. Viele Stunden saß sie in der Veranda von Margot Mandelkow, die sich anfangs noch wehrte. Ruth Bahls aber blieb dran – bis ihr Gegenüber zustimmte.

Damit beginnt für Margot Mandelkow ein Ehrenamt, dem sie sich voll und ganz widmet. Sie recherchiert, schreibt, veröffentlicht, redet auf Veranstaltungen, sammelt Spenden und gönnt sich kaum längere Pausen. Möglich ist das alles, weil ihr Mann Erwin ihr immer den Rücken freigehalten hat. Erwin Mandelkow ist gebürtiger Mönchguter, der seine Margot 1956 heiratet und sinnbildlich über die Schwelle eines alten Hauses am äußersten Zipfel in Klein Zicker trägt. Das öffnet ihr viele Türen. Ab sofort ist sie jetzt für viele schlicht „Erwin Siene“ – was auf der Halbinsel seinerzeit wie ein Ritterschlag wiegt.

2019 verstirbt Erwin Mandelkow an den Folgen eines tragischen Unfalls, der sich fast vor der Haustür ereignet. Ein Schicksalsschlag. Doch Margot Mandelkow hat nie aufgegeben. Nach wie vor unterstützt sie Menschen mit ihrem Wissen und fühlt sich beschenkt – vor allem vom Weg der Sonne vor ihren großen Fenstern, die herrlich freie Sicht lassen über Bodden und Zickersche Berge. Heimat.

Autorin: Ina Schwarz

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