Täglich drei Fischbrötchen

Dominik Wulsch ist auf der Walz – bei rügendruck erfuhr er mehr übers Druckerhandwerk

Einfach losgehen. Völlig frei sein. Neue Orte sehen, neue Menschen kennenlernen. Aber auch: neue Arbeitstechniken erlernen. Wer auf die Walz geht, folgt einem jahrhundertealten Ritual. Abenteuer inklusive. Allerdings ist auch eine demütige und entbehrungsreiche Zeit.
Auch Dominik Wulsch (Frd-Rolbr) ist auf der Walz. Seit zwei Jahren ist der 25-Jährige unterwegs, hat bereits tausende Kilometer hinter sich gebracht. Er war in Österreich, in der Schweiz, Norwegen und in Lichtenstein. Auch Deutschland hat er kreuz und quer durchquert – ohne sich dabei der Lüneburger Heide zu nähern. Dort ist der gelernte Schreiner nämlich zu Hause. Sich dem vertrauten Heim auf 60 Kilometern zu nähern, ist allerdings tabu. Bannkreis.
Ich treffe Dominik in aller Herrgottsfrühe in der Nähe von Garz. Dort hat er die Nacht am Feldrand in seinem Schlafsack verbracht. „Ich habe sehr gut geschlafen“, beteuert er. Im Sommer sei das Schlafen unter freiem Himmel kein Problem. Klar, wenn es nass ist und kälter wird, sind die Wanderburschen dankbar, wenn ihnen ein Gästebett oder ein Platz in der Scheune angeboten wird.
Dominik ist nicht das erste mal auf Rügen. Er war im März schon mal mit anderen Burschen hier. „Wir wollten hier unbedingt Fischbrötchen essen“, lacht er. „Das haben wir dann auch getan, täglich mindestens drei. Die sind hier richtig gut. Und ich finde die Kreideküste faszinierend.“ Deshalb ist er auch wiedergekommen, um sich die Insel noch näher anzuschauen. Von Zunft-Brüdern wurde ihm ein Anwesen mit Bootswerft in Posewald bei Putbus empfohlen. „Zuvor war ich in Lichtenstein, habe dort viel gearbeitet“, erzählt er. „Bald geht es weiter nach Lübeck, dann Flensburg…“

Wie die Walz ihn bisher geprägt hat?
„Man wird erwachsener“, so Dominik. „Ich muss gucken, wo ich Arbeit finde, mit Leuten reden. Ich lerne ja ständig neue Leute kennen, immer gibt es neuen Input.“

Ob es schon mal Momente gab, in denen er es bereut hat? „Nein“, sagt Dominik. „Manchmal gibt es einen Moment der Einsamkeit, aber der vergeht schnell. „Ich habe tolle Menschen kennengelernt“, erzählt er. „In Lichtenstein hat mir jemand ein Fahrrad geschenkt, mit dem ich dann 460 Kilometer gefahren bin.“ In Norwegen hat es ihm bisher am besten gefallen. Seine Reise führte ihn von Kristiansand bis nach Bergen. (Das andere Bergen, nicht das auf Rügen.)

Dominik hat auf seiner Wanderschaft viele Tricks und Kniffe gelernt – nicht nur die eigene Zunft betreffend. „Ich habe Schnaps gebrannt, mit Naturstein gemauert, über Fachwerke gelernt…“
Und auch das Handwerk der Druckkunst interessierte den jungen Mann. Und so lauschte er den Ausführungen der Kollegen in der Druckerei in Putbus, wo es passend zur „Schwarzen Kunst“ auch schwarzen Kaffee gab. „Wir bedrucken unseren Charlottenburger (das Tuch für die Habseligkeiten) oft mit eigenen Motiven“, erzählt Dominik, während er über die alten Maschinen im Druckmuseum bei rügen druck staunt.

Ein Handy ist auf der Walz übrigens verboten. Eine
gedruckte Landkarte leistet dem jungen Mann gute Dienste. Das war’s. „Geht alles. Besser als man denkt“, so Dominik.
Wenn er die drei Jahre Walz hinter sich gebracht hat, will er mit einem Freund in die Karibik, später nach Kanada. „Wir sind freie Menschen, leben den Traum der anderen, die sich so eine Freiheit manchmal auch wünschen.“ Doch gibt es auch etwas, auf das sich Dominik freut, wenn er dann erstmal wieder nach Hause darf. „Regelmäßig duschen und ein eigenes Bett.“

Mit seiner Mutter hat er Kontakt. „Wenn ich sie anrufen möchte, frage ich einfach jemanden, ob ich sein Handy benutzen darf. Wenn ich sage, ich will meine Mutter zum Geburtstag anrufen, hat noch nie einer nein gesagt“, lacht der 25-Jährige. In Deutschland sei das Wandern auf der Walz kein Problem. „Die Menschen kennen uns. Da haben wir sozusagen ein Stein im Brett.“

Ina Schwarz

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